Liebe Leserin, Lieber Leser,
wie packen Sie einen vollständigen Arbeitstag bis 12 Uhr mittags? Klingt unmöglich, nicht wahr? Immer wieder werde ich nach meinen eigenen Arbeits-, Organisations- und Produktivitätsroutinen gefragt. Deshalb möchte ich Ihnen in einer Reihe von verschiedenen Fragen der Woche einen Einblick in meine persönliche Arbeitsmethodik geben. Doch wie schaffen auch Sie es die Arbeit eines ganzen Tages bereits bis 12:00 Uhr mittags erledigt zu haben. Arbeit, die in der Regel acht Stunden in Anspruch nehmen würde. Und das ohne, dass Sie um 4:00 Uhr morgens aufstehen um dies erreichen zu können.
Eigentlich ist es nicht allzu schwer, alles bis 12:00 Uhr mittags erledigt zu haben. Wenn Sie einmal all die Zeit zusammen addieren, die Sie während der Arbeit damit vergeuden sich abzulenken, sich ablenken zu lassen, plus die Zeit, die Sie vergeuden weil Sie müde bei der Arbeit sind und plus die Zeit, die Zeit, die Sie „prokrastinieren“ (Zeit verschenken durch Aufschieberitis), so wären Sie erstaunt das so schnell fast die Hälfte eines Arbeitstages zusammen kommen kann. Wenn es Ihnen also gelingt diese Zeiten bis zur Mittagszeit zu eliminieren, dann sollte es Ihnen nicht schwer fallen Ihre Arbeit bis 12:00 Uhr erledigt zu haben.
Das Problem liegt nun natürlich, in der tatsächlichen Beseitigung von all dieser „verschwendeten Zeit“. Viele Selbsthilfe Bücher und Seminare zum Thema „Mehr Produktivität erreichen“ sehen aus wie die simplizistischen Ratschläge so mancher Diätberatung frei nach dem Motto „Essen Sie weniger!“. Doch genau im Abschneiden und Eliminieren dieser verschwendeten Zeitressourcen liegt der schwierige Teil des Ratschlags verborgen. So scheint es auf den ersten Blick zumindest. Doch ein paar kleine Veränderungen in der Herangehensweise an Ihr neues Konzept, werden es Ihnen viel einfacher machen dieses überflüssige „Zeitfett“ loszuwerden.
Trennen Sie sich von dem Gedankenmodell, dass Sie nach Stunden bezahlt werden.
Wenn Sie die Arbeit als etwas sehen das um 8:00 Uhr (oder wann auch immer Sie Ihre Arbeit beginnen) beginnt und um 17:00 Uhr (oder wann auch immer Sie Feierabend haben) endet, werden Sie nicht in der Lage sein, um alles bis mittags erledigt zu haben. Wenn Sie sich selbst an der Anzahl der Stunden messen und bewerten, die Sie mit Arbeit zugebracht haben, anstatt die Arbeit zu bewerten, die Sie wirklich erledigt haben, werden Sie sich in einem Gefängnis von Zeitverschwendung und Aufschieberitis wiederfinden.
Wenn Sie die Überschrift dieser Frage der Woche gelesen haben und spontan gedacht haben, dass das nicht sein kann und es eine Art Betrug ist, so ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie genau unter diesem Problem leiden. Der Umbau Ihrer Arbeitsmethodik hin zu einer Verbesserung, so dass Sie bis mittags Ihre Arbeit erledigen können, fühlt sich nämlich für Sie dann genau wie ein Betrug an, denn schließlich sollen Sie ja einen acht-Stunden-Tag leisten. Und genau das ist das Problem, denn diese Haltung und Sicht der Dinge führt dazu, dass Sie eine Arbeitsmethodik entwickelt haben, die Sie beschäftigt sein lässt bis zum Feierabend – oft ohne das wirklich nachhaltige Ergebnisse erzielt worden sind oder die geeignete Menge an Arbeit erledigt ist.
Der Lösungsansatz liegt hier darin, dass Sie sich nicht mehr pro Stunde bezahlen. Wenn Sie selbständig sind, werden Sie sehr wahrscheinlich Ihren Kunden weiterhin die geleistete Arbeit auf Stundenbasis abrechnen, aber Sie sollten aufhören sich selbst pro Stunde zu bezahlen. Und wenn Sie angestellt sind, wird Ihr Chef Ihnen sehr wahrscheinlich weiterhin einen Lohn/ein Gehalt bezahlen, welches sich nach der Anzahl Ihrer abgeleisteten Stunden richtet und er wird sicher auch von Ihnen verlangen (zumindest in den meisten Fällen) das Sie bis zum offiziellen Feierabend anwesend sind. Nur bedeutet das nicht, dass Sie sich diesem Gedankenmodell bedienen müssen, wenn Sie Ihre eigene Arbeit betrachten und es bedeutet auch nicht das Sie sich als Selbstständiger nach Stunden selbst bezahlen müssen. Es ist wichtig das Sie eine Trennung in Ihrer Sichtweise vollziehen zwischen abgeleisteter Zeit und erzielten Ergebnissen bzw. erledigter Arbeit. Je eher Sie akzeptieren, dass Ihr Ertrag (egal ob für Sie als Angestellte/-r oder als Selbstständige/-r sind) von der abgeschlossenen Menge an Arbeit kommt und nicht von der investierten Zeit, desto eher werden Sie einen schlanken Zeitplan haben.
In der heutigen Zeit ist die investierte Zeit für den Endkunden nur bedingt von Relevanz. Viel wichtiger ist das Ergebnis, welches am Ende dabei heraus kommt. Auch wenn sich manche Arbeitgeber, speziell im deutschsprachigen Raum, noch schwer tun mit diesem veränderten Denkmodell, so müssen auch diese letzten Endes zugeben, dass das Ergebnis der Arbeit unter Strich viel mehr Gewicht hat, als die investierte Zeit. Dies bedeutet, dass Ihr Zeitinput nicht gleich Ihrem Arbeitsoutput ist und auch nicht sein muss. Der Kunde will eine Ware oder Dienstleistung haben, die ihm dabei hilft sein dringendstes Problem zu lösen. Wie viel Zeit dafür benötigt wurde, um diese Ware herzustellen beziehungsweise diese Dienstleistung zu erbringen ist nur bedingt wichtig. Deshalb nur bedingt, weil ein zu hoher Zeiteinsatz beim beschriebenen Bezahlungsmodell zu einem wesentlich höheren Kostenapparat führt, der sich dann wiederum im Preis niederschlagen muss. Wenn man dies weiterdenkt, bedeutet es das der Kunde letztlich dafür bestraft wird, dass ein Mitarbeiter sich mit zu viel „Zeitfett“ beschwert.
Falls Sie vom Home Office aus arbeiten, dann sollten Sie niemals von 08:00 bis 17:00 Uhr arbeiten
Wenn Sie sich in einem typischen Büroumfeld befinden (also einem Umfeld die Pünktlichkeit über Leistung stellt und belohnt), wird es etwas schwieriger Ihren Arbeitstag bis zur Mittagszeit, zu erledigen. Doch es ist nicht unmöglich – im Gegenteil. Der erfolgreiche New York Times Bestsellerautor Timothy Ferriss hat in seinem weltweit bekannten Buch „Die 4-Stunden-Woche: Mehr Zeit, mehr Geld, mehr Leben“ einige gute Vorschläge und Strategien dargelegt und detailliert beschrieben, wie Sie im Gespräch Ihrem Ihr Chef dabei helfen zu verstehen, weshalb es sinnvoller ist, Sie weniger arbeiten zu lassen (gemessen in Anzahl der Stunden) wenn gleichzeitig Ihre Ergebnisse besser und Sie produktiver sind. Wenn die Unternehmenspolitik darin besteht, Sie, bildlich gesprochen, in Ketten an Ihren Schreibtisch zu fesseln bis zum späten Nachmittag, so empfehle ich Ihnen die Lektüre dieses Buchs. Selbst wenn Sie anschließend beschließen, dass alles funktioniert nicht und ist nichts für Sie und bei Ihnen geht das sowieso alles nicht, so sollten Sie es trotzdem lesen, um Ihren eigenen gedanklichen Horizont zu erweitern. Und um zu erfahren was möglich ist. Vielleicht kommen Ihnen beim Lesen des Buchs ja Einfälle, die Sie sich bisher nicht getraut haben zu denken.
Sollten Sie jedoch von Ihrem eigenen Büro aus oder gar von zu Hause aus arbeiten, so haben Sie keine Entschuldigung mehr. Es sollte Ihnen bewusst sein, dass die Planung eines Acht-Stunden-Arbeitstags gleichzeitig die Verschwendung wertvoller Stunden Ihres Lebens bedeutet. Wenn Sie die Art und Weise der Bewertung Ihrer Bemühungen verändern, so rückt die Tatsache einen Acht-Stunden-Arbeitstag in 3 bis 4 Stunden zu bewältigen in greifbare Nähe. Sehr wahrscheinlich werden Sie sogar in der Lage sein die Menge und Qualität Ihrer Ergebnisse zu vervielfachen, bei gleichzeitiger Reduktion Ihrer Tätigkeiten.
Manche Menschen allerdings wird sich dieses Denkmodell nicht erschließen und das ist auch nicht weiter schlimm. Ich habe einen Freund, der ein gut laufendes Geschäft betreibt. Er erzählte mir, er habe mehr als zehn Stunden pro Tag an einem neuen Produkt gearbeitet. Er sagte, das ohne Übertreibung, und ich behaupte, dass er ehrlich glaubte, er habe zu jedem Zeitpunkt in dieser Zeit gearbeitet.
Jedoch konnte ich durch die Beurteilung und Betrachtung seines Kommunikationsverhaltens klar sehen, dass dem nicht so war. Er hatte innerhalb dieser zehn Stunden täglich immer noch Zeit lange Forumsbeiträge und E-Mails zu schreiben. Er tappte in die Falle seine Produktivität durch die Höhe der unternommenen Anstrengungen während der Umsetzung zu bewerten, statt die Ergebnisse seiner Arbeit. Zwar wäre es weniger Mitleid erregend, wenn er nur fünf ultra-produktive Stunden gearbeitet und sich den Rest des Tages ausgeruht hätte, aber unterm Strich hätte er mehr Erfolg gehabt und wäre weniger gestresst gewesen.
Pareto oder die 80/20 Regel
Dieses Phänomen wurde bereits vor geraumer Zeit vom italienischen Wissenschaftler Vilfredo Pareto ermittelt, als er die Verteilung des italienischen Volksvermögens ind er Bevölkerung untersuchte. Sehr schnell stellte er fest das eine kleine Gruppe den größten Teil des Vermögens besitzt, während die breite Masse nur einen relativ geringen Teil des Vermögens besaß. Aufgewühlt von dieser Erkenntnis, begann er damit zu erforschen ob dieses Phänomen in anderen Bereich der Wirtschaft und des Lebens seine Anwendung findet und er wurde fündig. Dieses Ungleichgewicht zieht sich durch viele Bereiche unseres täglichen Lebens. Damit war die Pareto-Regel oder auch 80/20 Regel geboren.
Im Wesentlichen besagt diese Regel das Es immer ein Ungleichgewicht zwischen Input und Output gibt. Doch diese Regel widerspricht unserem angelernten Verständnis und steht im Widerspruch zu unserem Gefühl. Damit haben wir ein Paradoxon des Lebens. Denn obwohl uns dies logisch klar ist, widersetzt sich unser Gefühl mit aller Gewalt gegen diese Erkenntnis. Das merken Sie spätestens daran, wenn Sie sich fragen wie lange Sie die 80/20-Regel schon kennen und sich dann fragen wo und wie oft Sie diese Regel bereits in Ihrem Leben angewandt haben. Einmal? Glückwunsch. In einem Bereich? Glückwunsch. Gestatten Sie mir ein paar Fragen:
Warum nicht öfters?
Warum nur in einem oder keinem Bereich?
Wieso nicht in Bezug auf Ihren Umgang mit der Zeit?
Atmen Sie tief durch, denn Sie sind in guter Gesellschaft. Die meisten Menschen kennen die Regel oder haben von ihr gehört, sind aber in den seltensten Fällen in der Lage diese wirklich in Ihrem Leben umzusetzen. Selbst wenn sie die Details der Regel kennen. Schauen wir uns einmal an, was Sie tun können um dies zu verändern. Ändern Sie also Ihre Herangehensweise.
Ihre Fokussierung
Schauen wir uns einmal die folgende Tricks zur Produktivität an, die mir selbst dabei helfen diesen neuen Ansatz in meiner Arbeitsmethodik umzusetzen.
1.) Fokus des Tages/der Woche
Dies ist der Kern meiner Produktivität und es ist mein persönlicher Schlüssel, um die Arbeit eines ganzen Tages bis mittags bewältigen zu können. Die Idee ist einfach: Während des gesamten Tags führe ich zwei Listen. Die erste Liste dient dazu jede Aufgabe zu notieren, die Sie an diesem Tag erledigen wollen. Die zweite Liste dient dazu jede Aufgabe zu notieren, die Sie in dieser Woche erledigen wollen.
Wenn Sie mit allen Aufgaben auf Ihrer ersten Fokusliste (der Liste mit den Aufgaben für diesen Tag) fertig sind, können Sie Feierabend machen. Wenn dies bereits um 11 Uhr so weit ist, dann beglückwünschen Sie sich und gönnen Sie sich eine kleine Belohnung wie zum Beispiel ein Bier / Kaffee / Tee / Chai / Eis / Kurzschlaf. Wenn das jedoch erst um 21:00 Uhr geschieht, dann setzen Sie einfach einen weiteren Kaffee auf und arbeiten Sie weiter. Ihr Tag endet, wenn Ihre Arbeit endet.
Das klingt selbstverständlich, aber es ist nicht so wie die meisten Menschen arbeiten. Es geschieht viel häufiger das Menschen, wenn sie mit ihrer Arbeit um 11 Uhr vormittags fertig sind, dann damit beginnen eine neue „Aufgabe“ anzugehen und versuchen die Zeit zu füllen – denn Sie werden ja bis 17 Uhr bezahlt. Oder wenn dies nach 18 oder gar 19 Uhr geschieht, dann geben diese Menschen auf, werfen das Handtuch und gehen gestresst und gefrustet nach Hause, mit dem Gefühl versagt zu haben.
Statt für das Fertigstellen und Beenden von Arbeit bezahlt zu werden, versuchen die meisten Menschen Arbeit in einen acht-Stunden-Arbeitstag zu pressen und diesen auszufüllen. Wenn sie früher fertig sind, als geplant dann fangen sie entweder an eine weitere Aufgabe anzugehen, die sie nicht mehr fertigbringen können an dem Tag oder sie füllen den Tag auf in dem Sie Zeit vergeuden. Und wenn sie später fertig werden als geplant, dann geben sie oft auf und bauen systematisch ihr Selbstbewusstsein ab. Es wirkt leicht zu fordern, dass nach Fertigstellung bezahlt werden soll, denn es hat sich so sehr in unserem Alltag eingebürgert für verschwendete Zeit zu bezahlen, denn es wird viel häufiger praktiziert.
Wenn Sie sich auf die erste Liste fokussieren, so steht nur Ihre Arbeit zwischen Ihnen und Ihrer Erholung/Ihrer Entspannung und nicht eine Menge an Zeit, die es nun irgendwie zu füllen gilt, weil es von Ihnen erwartet wird diese zu füllen. Oder weil Sie es von sich selbst erwarten, diese zu füllen. Durch diese Liste rauben Sie sich der Entschuldigung, dass es ein Mindestmaß an zu füllender Zeit oder an zu erbringenden Aufwand geben muss und nur Ihre wichtigsten Aufgaben trennen Sie von der Ziellinie. Es ist erstaunlich zu sehen (und selbst zu erfahren) welch unglaubliche Menge an Motivation dies schafft, die Sie brauchen um den Ablenkungen zu widerstehen, und Ihre Konzentration zu bewahren.
Lesen Sie in der nächsten Frage der Woche weiter, wie Sie Ihren 8-Stunden-Arbeitstag bis mittags schaffen können.
Herzlichst,
Ihr Coach Nuno F. Assis